Am Freitag vergangener Woche hatten wir die Möglichkeit, uns mit der Krefelder Hundetrainerin Franziska Willms zu treffen. Sie beschäftigt sich seit 2013 mit Blindenführhunden und bildet zurzeit bereits ihren zweiten „Buddyguard“, wie sie Ihre Assistenzhunde liebevoll nennt, aus.
Polli ist ein 17 Monate alter osteuropäischer Schäferhund. Diese Rasse ist sehr begehrt, weshalb Frauchen Heike über ein Jahr warten musste, bis sie Polli im Alter von acht Wochen in ihre Familie holen konnte.
Pollis Frauchen erlitt vor fünf Jahren ein beruflich bedingtes Burnout, wodurch sie eine psychosomatische Störung entwickelte. Das Übergewicht, das als Folgeerkrankung mit der Störung einherging, löste, kurz nachdem Polli in die Familie kam, eine Atrose aus, die ihre Mobilität stark beeinträchtigte.
Bei psychosomatischen Krankheitsbildern zahlt die Krankenkasse in der Regel nur zwei Jahre Therapie, weshalb die Familie sich eine Lösung für weitere Therapiemöglichkeiten suchen musste und dabei auf Frau Willms gestoßen ist. In den folgenden Wochen fiel relativ schnell die Entscheidung, Polli zum Assistenzhund auszubilden, obwohl sie zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits neun Monate alt war. In der Regel begleitet Frau Willms auch die Auswahl des richtigen Hundes, in Pollis Fall entfiel dieser Schritt.
Heute ist Frau Willms „Trainerin und Therapeutin für beide — Mensch und Hund“. Mit dem Konzept des „Buddyguards“ bildet sie keinen wachsamen Beschützer aus, sie bezeichnet ihren Schützling vielmehr als einen „Kumpel, der aufpasst, wenn es Heike schlecht geht“. Wenn Pollis Frauchen nachts aufsteht, weicht der Hund nicht von ihrer Seite. Mit einem Griff ins Halsband und dem entsprechenden Befehl kann sich Heike von Polli durch die Wohnung führen lassen.
Aber auch auf Ausstellungen gehen Heike und Polli immer wieder. Hier sollen soziale Kontakte geknüpft werden – sowohl für den Menschen, als auch für den Hund. Für Heike ist dies ein wichtiger Schritt, da sie sich ohne ihren „Buddyguard“ kaum unter Menschen traut.
Bei der Ausbildung wird sehr viel Wert auf die Bindung zwischen Tier und Mensch gelegt. Bei Heike und Polli ist diese Bindung sehr gut zu beobachten. Polli sucht immer wieder den Körper- und Blickkontakt zu ihrem Frauchen und Heike vertraut ihrem Hund. In Angst- oder Paniksituationen konzentriert sich Heike ganz auf Polli und wird so von ihren Ängsten abgelenkt.
Der Therapeut von Pollis Frauchen ist begeistert von Frau Willms‘ Konzept und den Erfolgen, die mit dieser Form der Therapie erzielt werden können. Leider kostet ein Assistenzhund vom Kauf bis zur abgeschlossenen Ausbildung so viel wie ein Kleinwagen — zwischen 20.000 und 25.000 Euro. Heike trägt die Kosten für ihre Polli selbst. Eine solche Summe ist aber aus eigener Kraft natürlich kaum zu stemmen, weshalb die meisten Betroffenen auf die Hilfe durch Spendenaktionen angewiesen sind. Andere Länder, wie Österreich hingegen, haben in ihrer Gesetzgebung festgehalten, dass ein Assistenzhund von der Krankenkasse übernommen wird, in Deutschland ist man leider noch weit davon entfernt.
Heike sagt von sich selbst, dass Polli ihr ihre Selbstständigkeit und ihren Mut wiedergegeben hat. Sie fühlt sich nicht arm, sondern ganz im Gegenteil, eher reich beschenkt mit ihrer Polli. „Das was Polli mir gibt, kann mir kein Mensch geben.“
Text: Manuel Langejürgen