Der Begriff der Beistandspflicht ist in Deutschland als juristischer Fachbegriff nur für den NATO-Bündnisfall vorgesehen. In der Schweiz und in Österreich ist er Bestandteil des Familienrechts, und zwar im Bereich der moralischen und materiellen Verpflichtungen unter Ehegatten.
Als moralischer Begriff wird die Beistandspflicht auf Eltern angewendet.
Gemeint sein kann hier nur die elterliche Sorge nach dem § 1626 BGB in Verbindung mit den Regelungen in § 1630 und § 1631 BGB, worin festgelegt ist, dass die Eltern für alle Belange des Kindes verantwortlich sind, für die nicht gerichtlich eine andere Person bestimmt wird.
Hier setzt eine Behörde an, wenn sie den Begriff der Beistandspflicht verwendet. Der rechtlich mehr als unscharfe Begriff wird auf alle Verrichtungen ausgedehnt, die durch Behinderung eines Kindes entstehen. Eine Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX ist gegeben, wenn der Zustand eines Menschen länger als 6 Monate vom alterstypischen Zustand abweicht. Nach allen folgenden Regelungen des SGB IX in Verbindung mit § 53 SGB XII ist die Kompensation behinderungsbedingter Besonderheiten und Bedarfe ein von der elterlichen Sorge separat zu betrachtendes Rechtsgebiet.
Es besteht ein Anspruch auf Kompensation der behinderungsbedingten Besonderheiten auf der Basis des Sozialhilferechts und des SGB V, hier insbesondere bei der häuslichen Krankenpflege nach dem § 37 SGB V. Hierbei kann sich die elterliche Sorge nur darin erschöpfen, die notwendigen Hilfen zu beantragen. Selbst die Organisation und Verwaltung von personellen Hilfen wird nicht explizit im Familien- und Sozialrecht verlangt. Es ist bei der Betrachtung von gesetzlichen Regelungen immer auch wichtig, zu sehen, was nicht darin steht.
Nun gibt es in der Praxis natürlich Graubereiche, in denen elterliche Sorge und Behinderungskompensation im Einzelfall nicht trennscharf sind. Hier kann immer wieder von Leistungsträgerseite angesetzt werden, um den Eltern möglichst viel unentgeltliche Arbeit aufzubürden. In der Realität ist der Weg in die Armut oft vorprogrammiert, weil Familien von selbst viel auffangen, wodurch kaum Zeit für Erwerbstätigkeit bleibt. Oft bleibt dies auch dann so, wenn mit Erreichen der Volljährigkeit die elterliche Sorge endet.
Es ist keine Frage, dass Angehörige die im selben Haushalt leben, im Alltag behilflich sind. In der Regel ist dies sogar eine große Herzensangelegenheit der Familienmitglieder. Daraus jedoch eine Beistandspflicht zu konstruieren, ist juristisch nicht nur unhaltbar, sondern sie steht zudem im harten Kontrast zur Würdigung solcher umfangreichen Familienleistungen, die Jahrzehnte bestimmen können. Wahrhaftige Anerkennung für eine Leistung zeigt sich nämlich erst dann, wie in anderen Lebensbereichen auch, wenn Würdigung und Honorierung Hand in Hand gehen.
Text: Claudia Quintus
Foto: Stefan Mertens
Das hat Frau Quintus sehr schön geschrieben.Ich nenne es mal Ausbeutung der Familien.Ohne Unterstützung geht da gar nichts.Ein herzliches Dankeschön, für die Unterstützung von Proroba und danke,Frau Quintus, dass Sie immer für uns da sind.Ohne Euch,hätte ich schon lange das Handtuch geschmissen,aber ihr habt mich in fünf Jahren Kampf,immer wieder aufgefangen.Danke,dass es euch gibt.Liebe Grüße Manuela Kater.