Seit geraumer Zeit ist der Pflegenotstand ein Thema in unserer Gesellschaft. Die Politik versucht zurzeit mit dem „Pflegekräftestärkungsgesetz“ dem Personalmangel entgegenzutreten. Ein Tropfen auf den heißen Stein, wie Kritiker meinen. Neben dem wachsenden Mangel an Fachkräften in allen Bereichen der Pflege und Gesundheit, droht nun zusätzlich noch ein baulicher Pflegenotstand. Es wird nämlich nicht nur mehr Personal benötigt, sondern auch mehr Plätze in Pflegeeinrichtungen. Dabei gibt es doch das Persönliche Budget! Doch wie so oft, wenn es um das große Geld geht, richtet sich der Blick gerne auf das Komplizierte.
Wirtschaftsfachleute weisen darauf hin, dass es in Sachen Pflegenotstand nicht nur um Personalmangel, sondern auch um Platzmangel geht. Die Investitionen in neue Pflegeheime und in die Modernisierung bestehender Pflegeheime sind nämlich seit längerer Zeit nicht mehr ausreichend für den heutigen und erst recht für den zukünftigen Bedarf. Insbesondere in Ballungszentren gibt es große Probleme. Als eine Ursache wird angesehen, dass die Landesbauverordnungen mehrheitlich eine Erhöhung der Einzelzimmerquote vorsehen. So gilt in NRW beispielsweise eine Quote von 80 Prozent Einzelzimmer und 20 Prozent Doppelzimmer. In Baden-Württemberg sind es sogar 100 Prozent Einzelzimmer. Dadurch wurde sich von den Betreibern mehr um die Instandsetzung gekümmert, als um den Neubau. Die steigenden Ansprüche in der Bevölkerung werden zu einer noch höheren Nachfrage von Einzelzimmern führen. Für Pflegeheimbetreiber wird es schon jetzt immer schwieriger, Doppelzimmer zu vermieten. In Verbindung mit dem personellen Pflegenotstand wird es so auch immer schwieriger, eine Investitionskostenberechnung für einen Zeitraum von 25 Jahren durchzuführen, um festzustellen, ob sich eine Investition in einen Neubau überhaupt lohnt. Die Nachfrage nach Pflegeheimplätzen wird zwar weiter steigen, doch können auch alle Zimmer in Zukunft wegen des Fachkräftemangels belegt werden? Die Zurückhaltung, Investitionen in Neubauten vorzunehmen, nimmt wegen dieser Unsicherheit immer weiter zu.
Lösungsideen sollen zum Beispiel sein, dass die Neubauten so geplant werden, dass die Wegzeiten zwischen den Zimmern verkürzt werden, damit das wenige Personal nicht mehr so weite Strecken laufen muss.
Das Persönliche Budget bietet auch in dieser Hinsicht eine bessere Lösung: Hier bewegen sich die persönlichen Assistenten in der Privatwohnung der Budgetnehmer und haben somit überhaupt keine Wegstrecken. Auch bedarf es keiner großen Neubauten, die für Gesellschaften Gewinn abwerfen müssen, weil die Wohnungen ja bereits existieren. Aber wo es um viel Geld und Gewinn geht, da wurden ja schon immer gerne komplizierte Wege eingeschlagen.
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