Volker Kitz; 125 Seiten; 10 Euro; Fischer Verlag; ISBN 978–3‑596–70224‑4
Am 15. August veröffentlichten wir auf unserem Blog einen Bericht mit dem Titel „Pauschaler Wahlrechtsausschluss soll endlich gekippt werden“. Darin geht es darum, dass nach dem Bundeswahlgesetz und dem Europawahlgesetz all jene Menschen pauschal vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt ist. 85.000 Menschen sind deshalb nicht wahlberechtigt. Anonym bekam die proroba-Redaktion eine Nachricht über den digitalen Weg gesendet, der sich in beleidigender Weise dazu äußerte. Dieser Person empfehlen wir dringend, das Buch „Meinungsfreiheit“ zu lesen.
Das Buch von Volker Kitz ist zwar ein Plädoyer dafür, mit Meinungen gelassener umzugehen, doch zeigt es auch auf, was eben nicht frei ist: „Meinungsfreiheit ist keine Tatsachenfreiheit“. Deshalb ist es für den Autor und für alle echten Demokraten wichtig, gegen falsche Tatsachen und die Verzerrung der Wirklichkeit zu kämpfen. Das ist deshalb für ihn so wichtig, weil die Unwahrheit heute auch ein Geschäft ist, weil Fake News gekauft werden können. Eine einzelne Person kann für ein paar tausend Euro diskreditiert werden, eine Lügenkampagne gibt es ab 150.000 Euro und ab 300.000 Euro kann man Wahlen beeinflussen. Die Wahrheit zu beschützen kann mühsam sein, erklärt Volker Kitz, weil sich falsche Nachrichten im sozialen Netzwerk rasant verbreiten können, während Polizei und Medien zutreffen berichten. Manchmal kann es allerdings auch umgekehrt sein. Ein Demokrat muss sich deshalb dafür interessieren, aus welcher Quelle die Nachricht zuerst kam. „Zur Wahrheit kann aber auch gehören, wieder ein Stück zurückzutreten und die Totale zu betrachten.“
„Fake News sind schlimm, ein Wahrheitsministerium ist schlimmer“, sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Andrus Ansip. Aus diesem Grund ist es genauso wichtig, die Wahrheit zu verteidigen, wie die Wahrheit an der falschen Stelle nicht zu verteidigen.
„Denn es gibt auch Äußerungen, die weder richtig noch falsch sein können, bei denen es töricht ist, die Wahrheit zu suchen, und schädlich, sie zu verteidigen. Das sind Meinungen. Eine Tatsache können wir mit menschlichen Sinnen direkt wahrnehmen: sehen, riechen, hören, schmecken oder fühlen. Sie lässt sich überprüfen … Es gibt kein dazwischen, keine alternativen Fakten. Falsche Informationen haben keinen gesellschaftlichen Wert. … Falsche Informationen sind nicht von unserer Verfassung geschützt. … Wer sie verbreitet, disqualifiziert sich, darf von seinen Mitmenschen korrigiert und vom Staat sanktioniert werden.“ Dem gegenüber steht die Meinung. „Eine Meinung ist alles, was nicht überprüfbar ist. Sie gibt ein persönliches Werturteil wieder, eine subjektive Einstellung zu Sachen, Ideen, Personen. Sie kann niemals richtig oder falsch sein. … Sie braucht keinen Grund und keine Logik, keine Betroffenheit und keine Schönheit. Deshalb kennt unser Staat keine Meinungspolizei.“ Er hat aber Werkzeuge, wenn diese Meinungen beleidigend, hetzerisch, rassistisch … sind.
Das Buch thematisiert in wahren Fallgeschichten unser Verhältnis zum Rechtsstaat. Auch schwierige Rechtsfragen sind dabei gut erklärt. Der Leser erfährt viel über das deutsche Rechtssystem und lernt nachzuvollziehen, wie Gerechtigkeit entsteht. Viele Aha-Erlebnisse entstehen, darum sollte das Buch ein Muss für jeden Demokraten sein.