Heinrich Buschmann, Präsident der Stiftung „Förderung der Inklusion durch Mobilität“ (IDM) und Vorsitzender der Organisation „Mobil mit Behinderung e.V.“ (MMB) hat ein Konzept entwickelt, das unser Sozialsystem reformieren würde, um eine große Ungerechtigkeit zu beseitigen. Profitieren würden wir alle.
Heinrich Buschmann will nämlich, dass es dem Menschen gut geht, auch wenn es das Schicksal nicht gut mit ihm meint. Deshalb sind wir alle die Zielgruppe. Denn jeden von uns kann es durch Krankheit oder Unfall treffen und wir müssen plötzlich mit einer Behinderung leben. Heinrich Buschmann, der selbst seit Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, teilt deshalb die Menschen nicht in Behinderte und Nichtbehinderte ein, sondern in Behinderte und Noch-Nicht-Behinderte. Aus diesem Blickwinkel entstand sein Gedanke eine Nachteilsausgleichversicherung ins Leben zu rufen, die unserem dringend reformbedürftigen Sozialsystem eine ganz neue Richtung geben würde.
„Aus Angst, das Lohngefüge (Arbeitnehmer-/Arbeitgeberanteile) durch Beitragserhöhungen zu belasten, werden mehr und mehr Leistungsausschlüsse vorgenommen“, erklärt Heinrich Buschmann, der 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde, in seinem Konzept. „Dies entspricht nicht dem Grundgedanken der gesellschaftlichen Solidarität, denn die Last wird damit wieder auf den Einzelnen übertragen. Wenn er es sich leisten kann, kann er sich die umfassende Leistung hinzukaufen (Zahnersatz, Hörgeräte, Brillen). Jeder andere bleibt auf der Strecke, wird aus der gesellschaftlichen Solidarität ausgeschlossen und so der ursprüngliche Grundgedanke untergraben.
Der Begriff, der sozialen Sicherheit verkörpert aber die hinter der sozialen Absicherung stehende Idee der gesellschaftlichen Solidarität. Bei der sozialen Sicherheit handelt es sich um ein komplexes System, das den wiederum komplexen Anforderungen der modernen Gesellschaften gerecht werden muss.
Auch bei Menschen mit Behinderung muss das zutreffen.
Eine Behinderung entsteht durch Einschränkungen, hervorgerufen durch eine Erkrankung, gleich welcher Art. Diese Einschränkungen bedürfen einem Ausgleich, gleich welcher Art. Es ist und bleibt eine Erkrankung — sie ist die Ursache der Bedarfe, nicht jedoch der soziale Status.
Kann der Nachteil einer Erkrankung, z. B. Querschnittslähmung, durch einen Rollstuhl kompensiert werden. Wird dieser, durch das SBG V geregelt, von der Krankenkasse übernommen. Wird aufgrund einer Beatmung eine Assistenz benötigt, wird das Beatmungsgerät inklusive Assistenz von der Krankenkasse im Rahmen der häuslichen Krankenpflege übernommen. Diese Leistungen sind unabhängig vom Einkommen und Vermögen.
Ist der Mensch mit Behinderung allerdings auf „generelle“ Assistenz angewiesen, also auf menschliche Kompensation, ändert sich plötzlich sein sozialer Status. Denn die „menschliche“ Kompensation muss er über das SGB XII, der Sozialhilfe beantragen, obwohl sich die Ursache seiner Einschränkung in keiner Weise verändert hat.
Die Folge: Sollte heute der Fall der Fälle eintreten — und davor ist niemand sicher – wird sein Vermögen bis auf 27.600 Euro (ab 2020: 50.000 Euro), sein Einkommen bis auf den doppelten Harz IV-Satz zur Kostendeckung der Assistenzleistung oder dem Erwerb eines behindertengerechten Fahrzeugs herangezogen. Auch Familien mit behinderten Kindern erhalten keinen adäquaten Ausgleich ihrer fürsorglichen Pflege. Unsere Gesetze erlauben das verlustfreie Abschieben des behinderten Kindes in ein Heim – anstatt den pflegenden Familienangehörigen in den sozialabgesicherten Stand einer Pflegekraft zu stellen.
Die Lösung: Eine „Nachteilsausgleichversicherung“, die ähnlich der Pflegeversicherung funktioniert.
Mit einer, von jedem Bürger dieses Landes getragenen (beitragsgesteuerten, mitfinanzierten) Sozial- Versicherung, die alle Nachteile einer Behinderung, unabhängig von der Lebenssituation und sozialen Status ausgleicht. Sei es im Bereich der Assistenz, der Mobilität oder Familien mit behinderten Kindern in Gänze unterstützt und deren Nachteile ausgleicht.
Diese Lösung beinhaltet die notwendige Transparenz, um sie jedem Mitbürger verständlich zu machen. Keiner wünscht sich eine Behinderung, ein Leben mit unendlichen Nachteilen. Aber so wie jeder krankenversichert ist und sich dennoch nicht wünscht krank zu werden, wäre diese „Nachteilsausgleichversicherung“ in das bestehende System leicht zu integrieren.“
Die Vorteile einer „Nachteilsausgleichversicherung“ sind aus Sicht von Heinrich Buschmann:
- a) Absolut transparent – klares Leistungsspektrum rein am Bedarf orientiert.
- b) Für jeden Bundesbürger nachvollziehbar und akzeptabel zu vermitteln. Anrechnung von Einkommen und Vermögen wäre keine Frage mehr.
- c) Kein steuerfinanziertes, kompliziertes Bund / Länder System, sondern eine beitragsgesteuerte, transparente Versicherung, ähnlich der Pflegeversicherung.
- d) Leistungen erfolgen aus einem zentralen Topf. Die Verwaltung könnte in den gerade beschlossenen Beratungsstellen erfolgen.
- e) Komplette Herauslösung aus dem Sozialsystem. Komplette Entlastung der Kommunen und Landkreise und Länder.
Weitere Informationen zu dieser faszinierenden Idee finden Sie unter https://www.idm-stiftung.de/partner-projekte-nachteilausgleichsvers.html
Erreichen können Sie mich unter: Heinrich.Buschmann@IDM-Stiftung.de
Text: F. Müller & H. Buschmann
Foto: Bereitgestellt von Heinrich Buschmann
Sehr interessant. Falls mal jemand eine schnelle Hilfe benötigt bei solchen themen, habe ich hier mal was: https://verbandsbuero.de/rechtsberatung/