Gibt es keine Alternative zum Pflegeheim für den geistig behinderten Barnabas?
Die zwei Brüder Ben und Barnabas, alias Simpel, die Hauptdarsteller dieses Films, leben zu Anfang mit ihrer kranken Mutter in der ländlichen Umgebung Ostfrieslands. Alles hat seinen Platz, Ben sorgt für seinen geistig behinderten Bruder und seine Mutter, bis diese stirbt. Als das Familiengefüge auseinanderbricht, schaltet sich der Vater ein und verfügt, dass Simpel fortan in einem Pflegeheim leben soll. Dem widersetzen sich die Brüder und machen sich gemeinsam auf den Weg nach Hamburg, um den Vater zu suchen und die Entscheidung noch einmal zu besprechen. Das Ende bleibt zunächst offen, letztendlich scheint die Pflegeeinrichtung aber doch die einzig richtige Lösung…
Auf ihrem Weg in die Großstadt machen die Brüder neue Erfahrungen. Vor allem Ben erkennt, das Leben mehr bedeutet, als sich um Simpel zu kümmern, aufzupassen, dass ihm nichts zustößt. Er lernt Aria und Enzo kennen, trifft seinen Vater. Er verliebt sich, möchte auch mal unabhängig sein. Das bedeutet aber nicht, dass er sich gegen seinen Bruder entscheidet.
Auch Simpel genießt seine Freiheit, auch er profitiert sichtlich von den Bekanntschaften zu neuen Menschen, von den Erfahrungen, die er auf dem Weg nach Hamburg und in dieser schnelllebigen Stadt macht. Soziale Kontakte bedeuten für ihn, der Erlebnisse zuallererst emotional verarbeitet, viel und am wichtigsten ist für ihn sein Bruder, der ihn versteht und akzeptiert. Von ihm beschützt konnte Simpel bisher nie wirklich etwas passieren. Er ist ein liebenswerter Mensch, dem man das Recht auf ein „Leben in Freiheit“ nicht absprechen möchte.
Im Film muss Ben sich nicht wirklich entscheiden, ob er sein Leben zusammen mit seinem Bruder gestalten möchte. Simpel kommt nach seiner eigenmächtigen Flucht nach einem Streit mit Vater und Bruder in eine Pflegeeinrichtung – zu seinem eigenen Schutz. Aber ist das wirklich die beste Lösung?
Von außen betrachtet scheint es fast unmöglich, dass beide Brüder ihre Individualität soweit wie möglich ausleben können, wenn sie wie bisher zusammen leben. Aber bleibt da wirklich nur das Heim, in das Simpel „abgeschoben“ wird, damit er niemandem zu Last fällt? Ist das in seinem Sinne? Das sind die Fragen, die sich mir während des gesamten Films immer wieder gestellt haben, gerade da ich durch meinen Arbeitsplatz bei der proroba assistant das Persönliche Budget als Möglichkeit kenne, auch Menschen mit einer geistigen Behinderung innerhalb der Familie zu betreuen, aber mit der Unterstützung von Pflegekräften, die für alle Beteiligten Freiräume schaffen.
verfasst von: Britta Sommer