Menschen mit Behinderung erhalten oft staatliche Leistungen. Bekommen sie etwas vererbt, können sie den Anspruch darauf allerdings verlieren. Abhängig ist das vom Umfang der Erbschaft. Je nach Höhe müssen sie das Vermögen erst aufbrauchen, bevor sie erneut staatliche Hilfen beanspruchen können. Daher profitieren Menschen mit Behinderung selten von ererbtem Vermögen.
Erben, die eine Behinderung haben, verzichten dann öfter auf ihren Pflichtteil. Mit diesem Verzicht schützen sie das Erbe so vor dem Zugriff des Staates. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von 2011 diesen Schritt als legitim und nicht „sittenwidrig“ eingestuft hat (AZ: IV ZR 7/10).
Ungerecht daran bleibt aber, dass das nichts an der Tatsache ändert, dass behinderte Menschen kaum von einer Erbschaft profitieren. Die Lösung des Problems kann ein Behindertentestament sein.
Auch wenn es sich formal nicht von anderen Formen von Testamenten unterscheidet, so ist das Behindertentestament inhaltlich ganz anders. Es ist häufig sehr komplex. Der Grund: man muss in ihm auf verschiedene erbrechtliche Konstruktionen zurückgreifen, damit ein Verwandter mit Behinderung, der finanziell von staatlichen Hilfen lebt, erben kann. Die Komplexität entsteht auch deshalb, weil das Behindertentestament immer auf die ganz individuelle Situation zugeschnitten sein muss. Mustervorlagen aus dem Internet sind deshalb nicht empfehlenswert. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass man sich zur Erstellung eines Behindertentestaments juristisch beraten und helfen lassen sollte.
Generell ist folgendes bei einem Behindertentestament zu beachten:
Der Erblasser sollte bestimmte Verfügungen in seinem Testament definieren. Dazu gehört auch, dass dem behinderten Erben im Testament ein Erbteil hinterlassen wird, der über dem gesetzlichen Pflichtteil liegt.
Der Erblasser sollte den Verwandten mit Behinderung als Vorerben einsetzen und eine nicht befreite Vorerbschaft für ihn anordnen. Auf diese Weise kann der Erbe zwar nicht auf seinen Erbteil zugreifen, aber ihm kommen die Erträge der Erbschaft zu Gute. In diesem Zusammenhang kann der Erblasser auch festlegen, was der Erbe mit seinem Geld machen darf und was nicht.
Auch sollte der Erblasser neben dem Vorerben einen oder eventuell mehrere Nacherben festlegen. Ein Nacherbe ist eine Person, die die Erbschaft nach dem Tod des Vorerben antritt.
In seinem Testament sollte der Erblasser auch einen Testamentsvollstrecker benennen, der den Nachlass für den behinderten Erben verwaltet. Da es sich unter Umständen um lange Zeiträume der Erbschaftsverwaltung handelt, kann der Erblasser auch einen zweiten Testamentsvollstrecker im Testament festlegen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet unter anderem das Erbe und wacht auch darüber, dass das Geld so verwendet wird, wie es der Erblasser verfügt hat.
Tipp zur Testamentsverwahrung:
Das beste Testament nutzt nichts, wenn es nicht gefunden wird. Gerade Alleinstehende sollten ihr Testament am besten in die amtliche Verwahrung eines Nachlassgerichtes geben. Dabei handelt es sich um eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Hier kann man das Testament im Hinterlegungsbüro abgeben. Benötigt werden dafür ein Ausweis und eine Kopie der Geburtsurkunde. Die Gerichtsgebühren betragen dafür einmal 75 Euro plus 15 Euro für die Registrierung im Zentralregister. Das Testament kann trotz amtlicher Verwahrung jederzeit aufgehoben oder verändert werden.