„Wir sind kein Heim – wir bringen sie heim“
„Unser Ziel ist es seit mehr als 18 Jahren, dass sogenannte ‚austherapierte‘ Wachkomapatienten zurück ins häusliche Umfeld kommen können“, erläutert Hrachya Shaljyan, der in Armenien Medizin studierte und von der ersten Stunde an für den Verein tätig ist. „Als „austherapierte“ Fälle werden von uns Patienten bezeichnet, wenn Rehakliniken — aus welchen Gründen auch immer — keine weiteren Fortschritte mit dem Wachkomapatienten erreicht haben. Dann wenden sich sehr häufig die Angehörigen an uns, weil wir sehr erfahren im Bereich der Entfernung von Tracheal-Kanülen, Kathetern und dem Ausschleichen von unnötigen Medikamenten sind. Außerdem stellen wir mit unserem eigenen Pflegedienst auch die Ernährung auf pürierte normale Kost um. Daneben setzen wir sehr viele Akzente auf Bewegung und auf Stehen und bieten täglich Motomed-Training an. Das alles tun wir, weil wir beim PiW der Überzeugung sind, dass Wachkomapatienten am besten zu Hause, in der gewohnten Umgebung und im familiären Umfeld, aufgehoben sind. Dabei ist uns die Pflegeform eigentlich egal. Wir haben gleich gute Erfahrungen mit der Pflege und Betreuung über das Persönliche Budget, über die Sachleistung und mit ausländischen Pflegekräften gemacht. Hauptsache die Pflege findet zu Hause bei der Familie statt.
In der Regel erreichen wir bei uns in Bergneustadt in drei bis sechs Monaten unsere gesteckten Ziele. In dieser Zeit helfen wir auch intensiv den Angehörigen, die häusliche Pflege einzurichten und aufzubauen. Wenn dann im eigenen Zuhause alles steht, arbeiten wir die Pfleger in unser Konzept ein. Wenn alles stimmt und passt, entlassen wir den Patienten nach Hause zu seiner Familie. Für mich ist das jedes Mal ein ergreifender Moment. Man muss sich schließlich immer vor Augen halten, dass ein Großteil der Wachkomapatienten keine kranken Menschen sind. Sie sind sogar relativ gesund. Der Mensch im Wachkoma ist nur in einem anderen Zustand, in einer anderen Dimension. Man muss deshalb versuchen, die nonverbale Sprache der Wachkomapatienten zu lernen. Eine Bezugsperson ist mit der Zeit gut in der Lage, mit dem Menschen im Wachkoma zu kommunizieren. Wachkomapatienten merken alles, sie bekommen alles mit, sie hören alles und spüren auch alles. Das darf man niemals vergessen.“
Im Anschluss an die Therapie in Bergneustadt — oder zu einem späteren Zeitpunkt – bietet der Verein auch dreimal im Jahr für jeweils zwei Wochen Wassertherapien in Winterberg an. Zwischen 12 und 15 Patienten erhalten jeden zweiten Tag die Gelegenheit, in 35 bis 36 Grad warmen Wasser zu baden und dort auch Cranio-Sacrale Therapie, Logopädie und Physiotherapie zu erfahren. Für die Angehörigen gibt es ebenfalls Therapien und Gesprächskreise, weil viele Angehörige diese Unterstützung einfach brauchen.
Weitere Informationen gibt es unter www.piw-ev.de
Text: F. Müller
Foto: Pixabay